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Wagner-Rallye 2004 Pressespiegel

wdr.de Kultur vom 09.05.2004

Erste Internationale Wagnerrallye

»Mit Wagner über Stock und Bordstein«

Das Bild ist skurril: Zehn Autos stehen vor dem Recklinghäuser Festspielhaus und spielen durcheinander laut Wagner-Musik. Davor steht Christoph Schlingensief und gibt in Rennmontur das Startsignal für die erste internationale Wagnerrallye - eine Art Schnitzeljagd durchs Ruhrgebiet.

Ein wildes Gewusel: Christoph Schlingensief mit dem Megaphon in der Mitte. Mehrere Statisten, die die beiden Ziegen "Parzival" und "Lohengrin" an der Leine herumführen und zehn Autos mit laufenden Motoren. "Motoren hochfahren", schreit Schlingensief in sein Megaphon. Zehn Motoren heulen auf und Schlingensief gibt das Startkommando: "Los!" Zehn Finger drücken in den Autos zu diesem Zeitpunkt gleichzeitig auf die Starttasten des CD-Players und vom Dach der Karossen ertönt laut Wagner-Musik. "Das war fantastisch!" Der Regisseur und Künstler Christoph Schlingensief ist begeistert vom Start seiner "Internationalen Wagner-Rallye", obwohl die Wagen noch stehen bleiben.

Dies war erst der musikalische Start: Es war der Versuch, zehn CD-Player in den Autos synchron zu starten. Denn: In jedem CD-Player liegt eine Silberscheibe mit nur einer Orchesterstimme Wagner-Musik. Ein Auto spielt die erste Geige, eines die Zweite, das Nächste die Holzbläser und so weiter. Drücken alle Fahrer im selben Augenblick auf Start, ertönt ein Orchester, doch es klingt immer etwas versetzt und damit schräg. Die eigentliche Rallye ist ein dreitägiges Rennen der zehn Autos durch das Ruhrgebiet, bei dem vom Dach der Autos ständig Wagner-Musik dröhnt.

Jedem Wagen seine Wagner-Stimme

Auf ihrer Rallye müssen die Teilnehmer in alter Schnitzeljagd-Manier insgesamt 60 Fragen beantworten bzw. Aufgaben lösen. Die Rallye ist Schlingensiefs Beitrag zu den diesjährigen Ruhrfestspielen. Mit der schrägen Aktion will er einen Gegensatz für das Volk schaffen zu den Wagner-Festpielen. Vom Dach von Clemens Becker, 50, und Lutz Thiele, 47, ertönen die hohen Blasinstrumente – Oboe, Flöte und Englisches Horn. Die beiden Männer, die auf der Motorhaube ihres Geländewagens eine Wagner-Büste platziert haben, wirken erstaunlich normal für so eine verrückte Aktion. "Kohle und Kultur, das hat mich immer interessiert", sagt der Recklinghausener Becker, der auch schon als Statist bei der Masseninszenierung der Oper "Aida" auf der Bühne stand. "Die Musik Wagners den Leuten von dem Hügel auf die Straße zu bringen, ist genial". Thiele ist selbst Musiker und die beiden taten sich kurzerhand beim Casting für die Rallye zusammen. Sie bilden eines der zehn Teams, die bis Samstag (08.05.04) durch das Ruhrgebiet fahren.

Was soll das hier?

Aus Aachen kommen die beiden Politik-Studentinnen Jennifer Krah, 21, und Schila Nemeth, 23. In einem geliehenen Audi 100 mit niederländischem Kennzeichen und den "Mittleren Streichern" auf dem Dach kurven sie durch das Ruhrgebiet, um Aufgaben zu lösen wie: "Wie hoch war die Arbeitslosigkeit in Recklinghausen im Februar 2004?" Schila hatte die Idee, an der Rallye teilzunehmen. Übernachten werden die beiden bei einer Tante im Ruhrgebiet. "Nach der Rallye will ich wissen, wie ich Wagner einzuschätzen habe", sagt Jennifer. Die größte Sorge der beiden ist, nicht genug Benzin im Tank zu haben. Bei der Beantwortung der Fragen wollen sie sich von Freunden helfen lassen – das Handy liegt immer griffbereit im Handschuhfach. Und Hilfe ist erlaubt, sogar erwünscht. Erste Aufgabe: Einmal mit allen Teilnehmern eine Runde über den Ring von Recklinghausen drehen. Jennifer sagt hinterher: "Die Reaktionen der Leute sind geil. Wie die gucken. Als wenn sie sagen wollten: Was soll das hier?"

"Im Rhein liegt der Ring. In der Ruhr liegt die Kraft"

Das ist ganz im Sinne Schlingensiefs, der im Rahmen der Ruhrfestspiele diese verrückte Musikaktion gestartet hat. Das leicht gekalauerte Motto: "Im Rhein liegt der Ring. In der Ruhr liegt die Kraft." Wagner wolle er mit der Aktion "auf die Straße" holen, sagt er. Generalmusikdirektor Hannes Wildner zeigt sich begeistert von der Aktion: "Schlingensiefs Zugang zu Wagner ist fantastisch. Seit Februar haben wir geschaut, welche Stücke sich eignen für die Aktion." Nun haben alle Autos 33 Minuten auf den CDs in ihren Autoradios, die sie drei Tage lang immer wieder abspielen müssen. Und sicher werden sich viele Menschen so nach ihnen umsehen wie die drei älteren Herren in Recklinghausen, als der Golf mit der Startnummer 1 gegen Mittag an ihnen vorbeirauscht. Ihre Reaktion: Sie blicken sich gegenseitig fragend an und schütteln kollektiv den Kopf.


Urs Zietan


Rennteilnehmer Thiele (l) und Musikdirektor Wildner Auch die 'Mittleren Geiger' sind gut losgekommen


WDR.de Kultur



Stand 17.05.2004 13:57
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